
Das Rotwild ist heute eine seltene und scheue Wildart. Früher kam es vom Tiefland bis ins Hochgebirge vor. Mittlerweile findet man es nur mehr in ausgedehnten Au- und Bergwäldern.

Im Mühlviertel besiedelt Rotwild nur mehr die großen Waldgebiete im Norden. Dieses Vorkommen stellt den Rand einer Population in Südböhmen und Bayern dar.

Eine Rothirschpopulation benötigt große, zusammenhängende Gebiete, in denen die Tiere halbwegs ungestört ihrem Tagesrhythmus (abwechselnde Äse- und Ruhephasen) und Jahresrhythmus (großräumige Wanderungen) nachgehen können.

In unserer Kulturlandschaft sind diese Anforderungen des Rotwildes meist nicht mit dem Nutzungsanspruch des Menschen vereinbar.

Diese großen Pflanzenfresser sind zwar hinsichtlich ihrer Nahrung weniger wählerisch als beispielsweise Rehe. Sie begnügen sich auch mit weniger nahrhaften Gräsern.

Aber sie müssen mehrmals pro Tag Äsung aufnehmen und sich dazwischen zum Nachdrücken und Ruhen zurückziehen können. Wird dieser Rhythmus regelmäßig durch Erholungssuchende, Forstarbeiter, Jäger, ... gestört, können Schäden an Forstpflanzen die Folge sein.

In unserer ursprünglichen Landschaft war der Verbiss durch Wisent, Rothirsch & Co kein Problem. Diese großen Pflanzenfresser hielten damit Lichtungen im sonst eher geschlossenen Wald länger offen. Dadurch schufen sie wertvollen Lebensraum für andere Arten.

Im heutigen Wirtschaftswald ist diese Eigenschaft allerdings nicht gefragt. Die Verbreitung von Rotwild wurde daher stark eingeschränkt und seine Dichte auf ein forstwirtschaftlich verträgliches Niveau reduziert.

Rotwild hat extrem gut ausgeprägte Sinne. Die regelmäßige Beunruhigung - insbesondere durch Bejagung vom Hochstand aus - führte dazu, dass diese Wildart im Mühlviertel vorwiegend nachtaktiv ist.

Im Scheinwerferkegel eines Autos "leuchten" die Lichter von Rotwild und anderen nachtaktiven Tieren. Eigentlich reflektieren sie das Licht nur. Das hat die Wirkung eines natürlichen "Restlichtverstärkers" bzw. Nachtsichtgerätes.

Der Körperbau und das Sozial- und Fluchtverhalten weisen Rothirsche als ursprüngliche Bewohner der halboffenen Landschaft (lichte Wälder) aus.

Rotwild flüchtet nicht wie Rehwild ins nächste Dickicht, um sich dort zu drücken, sondern flieht in ausdauerndem Lauf (Trab) über große Distanzen.

Das ist eine Anpassung an den (ehemaligen) Hauptfeind, den Wolf, der Beute über große Distanzen hetzt. Das Reh hingegen ist an den Kurzstreckensprinter Luchs angepasst.

Ein Geweih besitzen übrigens nur die Hirsche. Diese sind auch größer und kräftiger als die Tiere gebaut und erreichen eine Lebendgewicht von bis zu 120 kg. In der herbstlichen Brunftzeit erscheinen sie durch eine Brunftmähne am Träger noch imposanter.

Die weniger kräftig gebauten Tiere werden nur rund 80 kg schwer und tragen auch kein Geweih. Rotwild wird deutlich größer und ca. fünfmal schwerer als Rehe, die eine andere Art darstellen!

Insbesondere weibliches Rotwild lebt gerne gesellig. Die aus der Mutter und ihrem diesjährigen und vorjährigen Nachwuchs bestehende "Mutterfamilie" stellt die wichtigste soziale Einheit dar.

Vor allem bei höherer Wilddichte können sich jeweils zwei oder mehr Mutterfamilien zu losen Verbänden ("Kahlwildrudeln") zusammenschließen, deren Zusammensetzung sich gelegentlich ändert.

Auch Hirsche können bei hoher Wilddichte Rudel bilden. Alte Hirsche sind aber oft eher Einzelgänger oder sind mit einem jüngeren "Beihirsch" vergesellschaftet.

Rotwild suhlt sich gerne. Durch die Anlage von Suhlen kann man die Attraktivität eines Revieres für diese Wildart erhöhen und nebenbei noch Lebensraum für Amphibien schaffen.

Auf matschigem Boden kann man auch im Sommer die 6-9 cm langen Trittsiegel dieser großen Paarhufer finden. Mit den etwas kleineren Schalen des Hinterlaufes wird meist in die Trittsiegel des Vorderlaufes gestiegen.

Sinkt Rotwild in weichem Boden weiter ein, drücken sich auch die höher liegenden Afterklauen hinter den beiden großen Schalen ab. Dieses Bild zeigt den Vergleich von zwei Trittsiegeln mit einem menschlichen Fußabdruck der Schuhgröße 43.

Auch die Losung dieser großen Pflanzenfresser ist regelmäßig anzutreffen. Sie ist deutlich größer als jene der Rehe.

Anfang Mai setzen die Tiere meist ein Kalb. Als "Nestflüchter" können diese ihrer Mutter von Beginn an folgen.

In den ersten drei Monaten tragen Kälber weiße Flecken. Am Waldboden liegend sind sie dann bestens getarnt. Die Kälber lernen von ihrer Mutter und übernehmen auch lokale Traditionen (Äsungspflanzen, Wanderrouten, ...).

Das Alttier entfernt sich üblicherweise mit dem Wind vom Kalb. Bei Gefahr kann das Junge aus der Voraugendrüse einen Duftstoff abgeben. Dieser lautlose chemische Hilfeschrei veranlasst die Mutter herbeizueilen und ihr Kalb zu verteidigen.

Nachdem das alte Geweih im ausgehenden Winter abgworfen wurde, ist das neue jetzt im Mai bereits zur Hälfte aufgebaut. Es ist von einer samtartigen Haut, dem Bast, umgeben. Dieser ist von Blutgefäßen durchzogen und versorgt die wachsenden Stirnwaffen mit Mineralstoffen usw.

Die Basthaut wird im Juli/August verfegt. Ab diesem Zeitpunkt kann es zum Kämpfen eingesetzt werden. Wenn im Herbst die Brunft naht, werden jüngere Beihirsche oft von den alten "Platzhirschen" vertrieben.

Zwischen mehr oder weniger gleichstarken Hirschen kann es zu Kämpfen kommen. Die endenreichen Geweihe dienen bei diesen "Schiebewettkämpfen" als "Stoßstangen". Schwerere Verletzungen kommen daher verhältnismäßig selten vor.

Während der Brunft sind Ende September/Anfang Oktober auch röhrende Brunftrufe zu hören. Meist bestehen sie aus drei bis acht Einzelrufen. Jäger können manchmal Hirsche an ihrer Stimme unterscheiden.

Kaltes und klares Wetter bewirkt eher eine laute Brunft. Bei warmem Herbstwetter ist hingegen kaum ein "Brunftschrei" zu hören.

Auf Brunftplätzen wie Lichtungen etc. kann man das Markierverhalten des Platzhirsches beobachten. Dazu zählen "Bodenforkeln" (Boden mit Geweih aufreißen), Schlagen, Nässen, ...

Das Brunftrudel wird vom hochrangigsten Tier, dem Leittier, geführt. Der Platzhirsch folgt dem Brunftrudel und bemüht sich, dieses zusammenzuhalten. Abtrünnige Tiere versucht er durch Imponiergebärden zurückzutreiben.

Tiere signalisieren dem Hirsch ihre Paarungsbereitschaft durch eine spezielle Körperhaltung: gesenktes Haupt, leicht gekrümmter Rücken und etwas eingeknickte Hinterläufe. Beim Beschlag reitet der Hirsch auf das Tier auf. Den Abschluss bildet eine sprungartige Bewegung.

Im Zuge der kräftezehrenden Brunft verlieren Hirsche einige Kilogramm Körpergewicht. Manchmal tragen sie auch Verletzungen durch Rivalenkämpfe davon.

Rothirsche werden im Mühlviertel traditionell vom Hochstand aus erlegt. Die Bejagung dieser großräumig lebenden Wildart sollte großflächig und grenzüberschreitend abgestimmt sein, um eine artgemäße Geschlechts- und Altersstruktur zu erreichen.

Als natürlicher Feind kommt bei uns eigentlich nur mehr der Luchs vor. Er erbeutet vor allem Kälber und einjährige Stücke (Bild: Schmaltier).

Immer häufiger werden aber auch Bewegungsjagden durchgeführt. Mittlerweile setzen sich dabei auch aktive Gehörschützer (z.B. der Fa. 3M Peltor) durch, die laute Geräusche wie den Schussknall wegfiltern und leise Geräusche leicht verstärken.

Neben natürlichen Feinden und menschlicher Bejagung kommen auch Kollisionen mit Kraftfahrzeugen, Krankheiten und Altersschwäche als Sterblichkeitsfaktoren vor. Manchmal verfangen sich Hirsche auch in Forst- oder Weidezäunen und müssen qualvoll verenden.

Früher wanderten Rothirsche nach der Brunft oft in die Täler bzw. Tieflagen, wo sie den Winter z.B. in Auwäldern verbrachten.

Heute sind diese Wanderungen auf Grund menschlicher Zersiedelung der Tieflagen nicht mehr möglich. Der Rothirsch muss deshalb in den kargen Hochlagenwäldern bleiben.

Der Rothirsch ist zwar an den winterlichen Nahrungsengpass angepasst. Die Fortbewegung im tiefen Schnee kostet ihn aber - insbesondere beim Flüchten - sehr viel Energie.

Es kommt daher nicht selten vor, dass in Wirtschaftswäldern überwinternde Rothirsche durch Schälen und Verbeißen Schäden anrichten.

Um wirtschaftliche Schäden am Wald möglichst niedrig zu halten, wird Rotwild heute im Winter von Jägern gefüttert. Dieses ursprünglich bestens an den Winter angepasste Wildtier wurde damit zum "Sozialhilfeempfänger".

Nicht selten wird allerdings über das Ziel hinausgeschossen: Um kapitale Geweihe zu erzielen, wird Rotwild mehr gefüttert, als wildbiologisch sinnvoll bzw. notwendig wäre.

An manchen Stellen wird Rotwild sogar im Winter mit Futter in Gatter gelockt und ein halbes Jahr lang eingesperrt. Der einstige "König der Wälder" ist heute ein "König ohne Reich".

Die "Sollbruchstelle" wird von einer Basthaut überwuchert und die Geweihbildung beginnt von Neuem. Die Stärke des Geweihes nimmt etwa bis zum 10. Kopf zu. Dann beginnt der körperliche Verfall, der sich auch in einem schwächeren Geweih ausdrückt.

Im zeitigen Frühling lockt das erste Grün das Rotwild wieder aus den Einständen. Da diese Wildtiere dann Ruhe benötigen, sollte man sie nur möglichst störungsfrei (z.B. vom Gegenhang aus) beobachten.























































